Zur Jahresmitte 2024 liegt die Vermögenspreisinflation der privaten Haushalte in Deutschland bei -0,7 %. Während im Zwölfmonatsvergleich ein leichter Preisrückgang zu verzeichnen ist, sind die Vermögenspreise sowohl im ersten (+0,5 %) als auch im zweiten Quartal (+0,8 %) des Jahres 2024 gestiegen. Dies deutet auf ein Ende des Preisrückgangs hin, der vor zwei Jahren eingesetzt hatte.
Der Grund für den Stopp des Preisverfalls ist in der Entwicklung der Leit- und Marktzinsen in Europa und den USA zu suchen. Sowohl die Zinserwartungen als auch die Zinsentwicklung haben sich in den letzten zwölf Monaten verändert. Während zur Jahresmitte 2023 die hohe Verbraucherpreisinflation steigende Zinsen erwarten ließ, flachte sich die Verbraucherpreisinflation sowohl in den USA als auch in Europa weiter ab, was zu sinkenden Zinsen in Europa führte. Dies wirkte sich wiederum auf die Preise verschiedener Vermögenswerte aus, wodurch der Preisverfall an den Märkten für Vermögensgüter gestoppt wurde.
Der Flossbach von Storch (FvS) Vermögenspreisindex erfasst die Preisentwicklung des Vermögens privater deutscher Haushalte. Der Index entspricht der gewichteten Preisentwicklung des Sach- und Finanzvermögens, welches sich im Eigentum privater deutscher Haushalte befindet. Zum Sachvermögen zählen neben Immobilien (64 %) und Betriebsvermögen (12 %) auch langlebige Verbrauchsgüter (3 %) sowie Sammel- und Spekulationsobjekte (<1 %). Das Finanzvermögen unterteilt sich in Spar- und Sichteinlagen (10 %), Aktien (5 %), Rentenwerte (5 %), sowie in sonstige Finanzwerte (<1 %). Eine ausführliche Beschreibung der Methodik ist im Anhang zu finden.
Der Preis für das Sachvermögen (Immobilien, Betriebsvermögen, langlebige Verbrauchsgüter sowie Sammel- & Spekulationsgüter)privater deutscher Haushalte lag zur Jahresmitte -2,0 % unter dem Vorjahresquartal. Innerhalb des Sachvermögens gab es jedoch unterschiedliche Preisentwicklungen.
Am deutschen Immobilienmarkt machte sich eine Trendwende bemerkbar. Gemessen an den Preisindizes von vpdResearch zeichnet sich auf dem deutschen Immobilienmarkt ein Ende des seit zwei Jahren anhaltenden Preisrückgangs ab. Zwar wurde zur Jahresmitte das Immobilienvermögen privater deutscher Haushalte um -3,4 % günstiger als zum Vorjahresquartal gehandelt, im Vergleich zum direkten Vorquartal kam es jedoch zu einem geringfügigen Preisanstieg um +0,5 %.
Die Entwicklung der Leit- und Marktzinsen sind der wichtigste Faktor für die Entwicklung der Immobilienpreise, da sie bestimmend für die Finanzierungskosten sind. Es liegt daher nahe, dass die Aussicht bzw. Realisation fallender Zinsen dazu geführt hat, dass die Nachfrage nach Immobilien angestiegen ist.
Die Preise für das private Betriebsvermögen (Unternehmen, die sich in Eigentum privater Haushalte befinden) sind zur Jahresmitte um +7,2 % gegenüber der Vorjahresmitte angestiegen. Hierbei kam es im zweiten Quartal 2024 zu einem leichten Preisanstieg, der weniger auf die trüben wirtschaftlichen Perspektiven, sondern eher auf die Zinsentwicklung zurückzuführen ist.
Die Preissteigerung für langlebige Verbrauchsgüter verlor in den vergangenen vier Quartalenweiter an Geschwindigkeit. Langlebige Verbrauchsgüter verteuerten sich nur noch um +1,4 % im Vergleich zum Vorjahresquartal. Damit liegt der Preisanstieg erstmals seit dem Jahr 2020 wieder im Rahmen des Ziels der Geldpolitik der EZB.
Zur Jahresmitte lag der Preis für Sammel- und Spekulationsgüter knapp unterhalb des Vorjahrespreises (-2,6 %). Ein Grund für die Seitwärtsbewegung ist eine geringe Nachfrage auf den Märkten für Kunst und historische Automobile.
Die Erwartungen über die Entwicklung der Zinsen in Europa und den USA hat die Preise für Finanzvermögen (Spar- und Sichteinlagen, Aktien, Rentenwerte und sonstiges Finanzvermögen) über die vergangenen vier Jahre getragen. Im Vergleich zum Vorjahresende sind die Preise für das Finanzvermögen, das sich im Eigentum privater Haushalte befindet, um 4,3 % angestiegen. Der bedeutendste Anteil des Preisanstiegs entstand bereits in Q4-2023 und Q1-2024. Innerhalb des jüngsten Quartals Q2-2024 kam es zu einer Preisveränderung von lediglich +0,7 %.
Das Aktienvermögen der privaten deutschen Haushalte hat sich im Vergleich zur Vorjahresmitte um +13,9 % verteuert. Hiervon entfallen jedoch lediglich 1,8 Prozentpunkte auf das zweite Quartal 2024. Der Grund hierfür ist, dass sich die Erwartungen über die zukünftige Entwicklung der Zinsen bereits im ersten Quartal gebildet und für einen Kursanstieg gesorgt hatte. Der jüngste Preisverfall von Anfang August 2024 ist nicht in der Preisentwicklung berücksichtigt, da das relevante Zeitfenster nur bis Ende Juni 2024 reicht. Berücksichtigt man den Preisverfall der ersten Augustwoche, so würde die Preisentwicklung über zwölf Monate lediglich +7,4 % betragen.
An den Rentenmärkten machte sich ebenfalls die Erwartung und Entwicklung der Leitzinsen in Europa und den USA in den Preisen bemerkbar. Die Preise für Rentenwerte lagen zur Jahresmitte um +1,4 % höher als noch im Vorjahr. Während sich die Erwartungen über die zukünftige Entwicklung der Zinsen bereits im vierten Quartal 2023 bildete, hatte die tatsächliche Entwicklung in der ersten Jahreshälfte 2024 nur noch eine geringe Wirkung auf die Preise. Im jüngsten abgelaufenen Quartal Q2-2024 fielen die Preise für Rentenwerte um -0,5 %.
Der Preis für das sonstige Finanzvermögen, das über die Preise von Gold und an der Börse gehandelten Rohstoffe gemessen wird, verteuerte sich im Vergleich zum Vorjahresende um +16,7 %. Getragen wurde die Entwicklung vom Preis für Gold, der allein in Q2-2024 und 8,7 % anstieg. Über die vergangenen zwölf Monate kam so ein Preisanstieg von 20,5 % zustande.
Die Preise für Spar- und Sichteinlagen bleiben nach Definition unverändert.
Im Querschnitt des Nettovermögens privater deutscher Haushalte liegt die Vermögenspreisinflation zur Jahresmitte zwischen -1,5 % und +0,5 %. Steigende Vermögenspreise wurden für die Haushalte der unteren Mittelschicht (+0,5 %) gemessen, da sie nur geringfügig unter fallenden Preisen für Immobilien litten. Der hohe Anteil an Betriebs- und Immobilienvermögen führte bei den wohlhabendsten Haushalten dazu, dass die Preise im Vergleich zum Vorjahresquartal stagnierten. Für die übrigen Nettovermögenskategorien fielen die Vermögenspreise.
Im Querschnitt des Alters der Haushalte (gemessen am Alter der Referenzperson des Haushalts) liegt der Preisverfall zwischen -1,2 % und 0,0 %. Der höchste Wert ist hierbei für die jüngsten Haushalte vorzufinden, während die Haushalte jenseits des Renteneinstiegsalters auf Grund ihres hohen Anteils an Immobilienvermögen den stärksten Preisverfall hinnehmen mussten.
Die Dynamik an den Märkten für Konsumgüter ist weiter abgeschwächt. Konsumentenpreise lagen zur Jahresmitte +2,3 % oberhalb der Vorjahresmitte. Auch bei den Erzeugerpreisen hat die Dynamik nachgelassen und der Preisverfall betrug zur Jahresmitte lediglich noch -2,4 %.
Der FvS Vermögenspreisindex erfasst die Preisänderung von Vermögensgütern deutscher Haushalte. Der Index wird mittels des Verfahrens von Laspeyres als gewichteter Durchschnitt von indexierten Preiszeitreihen berechnet, welche jeweils die Entwicklung der Preise von Vermögensgütern in Euro wiedergeben. Der Index ist auf dem Durchschnittswert des Jahres 2021 basiert. Wenn notwendig, wurden qualitätsbereinigte Zeitreihen herangezogen und Erträge, wie z.B. Zinszahlungen, nicht berücksichtigt. Eine Bewertung der Preise wird nicht vorgenommen. Für die Vermögensklasse Aktien gehen bspw. die Aktienpreise und nicht etwa das Preis-Gewinn-Verhältnis ein. Dies entspricht dem Vorgehen bei Güterpreisindizes, in die nur Güterpreise und nicht etwa das Preis-Nutzen-Verhältnis eingehen.
Die Auswahl der relevanten Vermögensgüter erfolgt über die Studie „Private Haushalte und deren Finanzen“ (PHF) der Deutschen Bundesbank (2023). Die Gewichtung der Zeitreihen basiert auf den Umfrageergebnissen der PHF-Studie zum Jahr 2021 und entspricht dem Anteil der Vermögensgüter am Bruttovermögen der deutschen Haushalte. Die Zusammensetzung des Haushaltsvermögens im Bevölkerungsquerschnitt nach Höhe des Vermögens und nach Alter der Haushaltsmitglieder ist sehr heterogen. Daher wird der FvS Vermögenspreisindex zusätzlich für verschiedene Quantile der Verteilung des Nettovermögens deutscher Haushalte (Bruttovermögen abzüglich Verbindlichkeiten) und für verschiedene Altersgruppen (gemessen am Alter der Referenzperson des Haushalts) berechnet.
Die Vermögensgüter eines Haushalts werden in verschiedene Untergruppen des Sach- und Finanzvermögens eingeteilt. Zum Sachvermögen zählen Immobilien, Betriebsvermögen (netto), langfristige Verbrauchsgüter sowie Sammel- und Spekulationsgüter. Unter dem Finanzvermögen werden Sicht- und Spareinlagen, Aktien, Rentenwerte sowie das sonstige Finanzvermögen zusammengefasst. Vermögen in Form von Fondsanteilen und Guthaben bei kapitalbildenden Versicherungsverträgen wird entsprechend der jeweiligen Zusammensetzung auf die vorhergehenden Komponenten aufgeteilt.
Die Preisentwicklung von Immobilienvermögen wird durch die vdp-Immobilienpreisindizes der vdpResearch GmbH erfasst. Für selbstgenutztes Wohneigentum werden die Indizes „Eigenheime“ und „Eigentumswohnungen“ entsprechend zueinander gewichtet. Für die sonstigen Immobilien wird die Entwicklung des Kapitalwerts von Mehrfamilienhäusern, Büroimmobilien und Einzelhandelsimmobilien genutzt und entsprechend gewichtet. Für Indizes, die erst ab 2008 unterjährig verfügbar sind, werden Quartalswerte vor 2008 mit Hilfe des durchschnittlichen Jahreswachstums approximiert. Der resultierende Preisindex für das Immobilienvermögen entspricht den gemäß der Vermögensverteilung gewichteten Indizes für selbstgenutzte und sonstige Immobilien.
Privates Betriebsvermögen umfasst alle nicht öffentlich gehandelten Unternehmensbeteiligungen privater Haushalte. Die Preisentwicklung wird durch den SDAX Kursindex der Deutschen Börse approximiert, der Preise für Unternehmen des Mittelstands erfasst. Der SDAX Kursindex spiegelt die Preisentwicklung von 50 öffentlich gehandelten Unternehmen der klassischen Industriebranchen wider, die hinsichtlich Marktkapitalisierung und Börsenumsatz den im MDAX gelisteten Werten folgen.
Um die Preisentwicklung langfristiger Verbrauchsgüter wie beispielsweise Nutzfahrzeuge und Möbel zu messen, werden die entsprechenden Komponenten des Verbraucherpreisindex vom Statistischen Bundesamt herangezogen. Die relative Gewichtung erfolgt über den jeweiligen Anteil am Verbraucherpreisindex.
Die Preisentwicklung von Sammel- und Spekulationsobjekten wird durch die vier repräsentativen Güterklassen Schmuck, Kunstobjekte, historische Automobile und kostbare Weine gleichgewichtet erfasst. Die Preismessung von Schmuck erfolgt durch die Komponente „Schmuck aus Edelmetallen“ des Verbraucherpreisindex. Um die Preisentwicklung am Kunstmarkt abzubilden, wird der All Art Index von Art Market Research Developments Ltd. verwendet, auf Grund der Saisonalität der Kunstpreise geglättet wird. Dieser Preisindex basiert auf Auktionspreisen für Gemälde, Skulpturen, Zeichnungen, Fotographien, Drucken, Aquarelle und Ähnlichem. Zur Preismessung von historischen Automobilen wird der HAGI Top Index der Historic Automobile Group International (HAGI) herangezogen. Der Index verfolgt die Preisentwicklung von 50 seltenen historischen Automobiltypen basierend auf einer Datenbank mit Transaktionen zu mehr als 18.000 Einzelfahrzeugen. Quartalswerte vor 2009 entstammen einer unterjährig interpolierenden gleichgewichteten Rückrechnung. Die Preisentwicklung von kostbaren Weinen wird mit dem Liv-ex Fine Wine 100 der Handelsplattform Liv-ex Ltd. gemessen. Der Index misst die Preisentwicklung des Premiumsegments des Weinhandels für Weine, für die ein Sekundärmarkt existiert. Im Index sind primär Bordeaux Weine enthalten, jedoch auch Weine aus den Weinanbaugebieten Burgund, Rhône, Champagne und aus Italien.
Da Spar- und Sichteinlagen keinem direkten Preis unterliegen, wird angenommen, dass sie keine Preisveränderungen aufweisen und werden daher durch eine konstante Zeitreihe modelliert. Unter anderem fallen in diese Kategorie Giro-, Spar-, Fest- und Tagesgeldkonten, Guthaben auf Bauspar- und nichtstaatlichen Altersvorsorgeverträgen und Forderungen gegenüber anderen Haushalten.
Die Preisentwicklung von Aktien wird durch verschiedene Aktienkursindizes erfasst. Mittels der Daten der Coordinated Portfolio Investment Survey (CPIS) des Internationalen Währungsfonds (IWF) wird die geographische Gewichtung deutscher Aktieninvestitionen bestimmt und, basierend darauf, MSCI-Kursindizes entsprechend zueinander gewichtet.
Analog zum Vorgehen bei den Aktieninvestitionen wird die geographische Verteilung von Renteninvestitionen mittels Daten des IWF und der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) bestimmt, und die Preisentwicklung anhand der entsprechenden Bloomberg Barclays Rentenpreisindizes berechnet. Hierbei werden sowohl Staats- als auch Unternehmensanleihen mit verschiedener Bonität und Restlaufzeit berücksichtigt.
Das sonstige Finanzvermögen, welches nicht durch die drei vorhergehenden Kategorien abgedeckt ist, wird stellvertretend durch die Entwicklung der Preise von Gold und Rohstoffen gemessen. Für die Preisentwicklung von Rohstoffen wird hierbei der Rogers International Commodity Index verwendet, welcher die Preisentwicklung von Futures auf diverse Rohstoffe wiedergibt. Der Goldpreis wird über den London Bullion Market erhoben.
Zur Aufteilung des Kapitals, welches in Versicherungsverträgen und Fonds gebündelt ist, werden Angaben des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) und des Bundesverbands Investment und Asset Management (BVI) genutzt.
Bei Zeitreihen mit tagesaktuellen Werten wird stets der durchschnittliche Tagesendindexstand des letzten Quartalsmonats genutzt. Bei monatlich verfügbaren Indizes wird der letzte Monatswert im Quartal herangezogen.
Durch Revision historischer Daten der zugrundeliegenden Zeitreihen kann es zu einer Abweichung der historischen Indexwerte von vorherigen Veröffentlichungen kommen.
Veröffentlichung
Der FvS Vermögenspreisindex erscheint quartalsweise. Die Indexwerte eines Quartals werden zur Mitte des Folgequartals publiziert:
Erstes Quartal: 15. Mai
Zweites Quartal: 15. August
Drittes Quartal: 15. November
Viertes Quartal: 15. Februar des Folgejahres
Sollte der Termin auf ein Wochenende oder einen gesetzlichen Feiertag fallen, so erfolgt die Veröffentlichung am darauffolgenden Werktag.
Datenquellen:
Art Market Research Developments Ltd.
Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ)
Barclays Bank PlC
Bundesverband Investment und Asset Management (BVI)
Deutsche Bundesbank
destatis - Statistisches Bundesamt
Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) e.V.
Historic Automobile Group International (HAGI)
Internationaler Währungsfonds (IWF)
Liv-ex Ltd
ThomsonReuters
vdpResearch GmbH