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Wirtschaft & Politik

Haftungsvergemeinschaftung in der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion

- Tom Bugdalle

STUDIE. Frankreichs hohe Defizite und Deutschlands Abkehr von fiskalischer Disziplin erhöhen den Druck auf die Eurozone. Ohne klare Rückkehr zu Regeln drohen Inflation, fiskalische Dominanz und wachsende Krisenanfälligkeit.

🎧Für Podcast-Liebhaber: In ca. 5 Minuten werden in unserem KI-generierten Podcast (erstellt mit NotebookLM) die wichtigsten Punkte des Kommentars diskutiert.

Executive Summary

Krisenanfälligkeit statt Stabilität

Die im Maastricht-Vertrag verankerten Prinzipien Preisstabilität, Fiskaldisziplin, Verbot der monetären Staatsfinanzierung, Nichtbeistand und das Verbot gemeinsamer Verschuldung in der EU sollten die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion stabilisieren. Doch eine wachsende wirtschaftliche Heterogenität des Euroraums, steigende Staatsschulden und Inflation haben den Euro wiederholt in ein schwieriges Fahrwasser gebracht.  

Erosion der Regeln von Maastricht

Die Studie untersucht, ob und inwieweit die Europäische (Währungs-)Union im Verlauf von Krisen durch die Abkehr von den ursprünglich formulierten Regeln einer Vergemeinschaftung von Schulden (Haftungsunion) näher gerückt ist.

Es wird gezeigt, dass die Formulierungen des Maastricht-Vertrages insbesondere in Krisen Ermessensspielräume eröffnet haben. Diese wurden für kurzfristige Rettungsmaßnahmen genutzt und haben zusammen mit Vertragsänderungen eine schrittweise Abkehr vom Geist der ursprünglich formulierten Regeln ermöglicht.  

Vergemeinschaftung von Schulden innerhalb des Eurosystem

Der Euro hat seit seiner Einführung im Januar 1999 rund 42 Prozent seiner Kaufkraft verloren. Inflationsgetriebenes nominales Wachstum reduziert die Staatsverschuldung als Anteil vom Bruttoinlandsprodukt, wobei hochverschuldete Länder stärker profitieren als wenig verschuldete Länder.

Die EZB hat durch Staatsanleihekäufe, Umschichtungen innerhalb der Bestände der gehaltenen Staatsanleihen sowie durch die Ankündigung des sogenannten Transmissionsschutzinstruments bewirkt, dass Risikoaufschläge nicht mehr die tatsächlichen Ausfallrisiken widerspiegeln, zum Vorteil hoch verschuldeter Staaten und zulasten fiskalisch solider Länder.

Das Eurosystem hat über Kaufprogramme, Längerfristige Refinanzierungsgeschäfte, die TARGET2-Salden, sowie direkte Anleihekäufe der Europäischen Zentralbank Vermögenswerte im Wert von mindestens 3 Billionen Euro in seiner Bilanz angehäuft, für die alle Euroländer gemeinschaftlich haften.

Vergemeinschaftung von Schulden in der Europäischen Union

Die EU, die für Überwachung der Maastricht-Regeln verantwortlich ist, hat von den ursprünglich vorgesehen Sanktionen keinen Gebrauch gemacht und damit die Glaubwürdigkeit der Regeln untergraben.

Durch Krisenmechanismen wie EFSM, EFSF und ESM wurde die Nichtbeistands-Klausel umgangen. Diese Hilfsprogramme haben die Grundlage für zukünftige Instrumente der Haftungsvergemeinschaftung etabliert.

Durch Programme wie SURE und NGEU ist die EU zu einem großen Emittenten von gemeinschaftlichen Anleihen (Eurobonds) geworden. Die daraus finanzierten Ausgaben wurden insbesondere zugunsten wirtschaftlich schwacher, hoch verschuldeter Euroländer wie Italien und Spanien verteilt, während die Lasten von allen EU-Länder getragen werden.

Notwendige Rückkehr zu einer regelbasierten Ordnung

Die Vergemeinschaftung von Schulden setzt negative Anreize. Sie dämpft den Reformdruck und damit das Wachstum, begünstigt Inflation und hat negative Verteilungseffekte. Für langfristige Stabilität des Euros ist deshalb die Rückbesinnung auf glaubwürdige Regeln notwendig.

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