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Gesellschaft & Finanzen

Wie erschwinglich ist Wohneigentum heute noch?

- Philipp Immenkötter

KOMMENTAR. Ein Eigenheim ist der Traum vieler, doch steigende Preise und hohe Zinsen erschweren den Weg dorthin. Wir zeigen, wie sich die Erschwinglichkeit von Immobilien entwickelt hat.

Wer derzeit nach Wohneigentum strebt, steht vor großen Herausforderungen. Die Preise für Wohnimmobilien steigen und die Zinssätze haben sich auf einem erhöhten Niveau eingependelt. Dies wirft die Frage auf, wie erschwinglich Immobilien derzeit sind und ob es in der Vergangenheit leichter war, den Weg in die eigenen vier Wände zu finden. 

Auf den einschlägigen Immobilienportalen werben viele Bauträger, Verkäufer und Finanzvermittler mit attraktiven Finanzierungsmöglichkeiten und häufig ansprechenden monatlichen Raten. Doch gibt die monatliche Belastung hinreichend Auskunft darüber, ob eine Immobilie für einen Haushalt erschwinglich ist? 

Die monatliche Rate eines Immobilienkredits setzt sich aus den zu entrichtenden Zinsen und der Tilgung zusammen. Während der Zins durch die Bonität des Emittenten und den Eigenkapitalanteil vorgegeben ist, gibt es Spielraum bei der Höhe der Tilgung. Da ein Haushalt in der Regel keine Möglichkeit hat, sein Gehalt kurzfristig zu erhöhen, kann man davon ausgehen, dass es eine Obergrenze für die Tilgungsrate gibt. Diese Rate reizt die monatliche Belastung aus, so dass es dennoch zum Abschluss eines Kreditvertrags mit einer Bank kommen würde.1

Verbindet man nun die höchstmögliche Tilgungsrate mit dem Kaufpreis der Immobilie und dem verfügbaren Eigenkapital, so lässt sich ein Tilgungsplan für einen Immobilienkredit erstellen. Da die monatliche Belastung und Kredithöhe vorgegeben sind, ist das Resultat der Rechnung die Restschuld bei Ablauf der Zinsbindung. 

Ist die Restschuld bei Ablauf der Zinsbindung sehr hoch, wenn das Einkommen und die Zinsbelastung wenig Spielraum für eine Tilgung übriglassen. Dann birgt der hohe Restschuldbetrag ein bedeutendes Risiko für Bank und Haushalt, insbesondere dann, wenn der Zinssatz zu diesem Zeitpunkt angestiegen ist. Dies kann dazu führen, dass entweder die Bank die Kreditvergabe verweigert oder der Haushalt sich gegen den Immobilienkauf entscheiden muss. Die Restschuld gibt somit Auskunft darüber, ob sich ein Haushalt eine Immobilie leisten kann oder nicht. Diese Information steckt in der Regel nicht in der beworbenen monatlichen Belastung, die sich diese durch eine möglichst kleine Tilgungsrate reduzieren lässt.

Mathematisch lässt sich die Restschuld unter Annahme eines gleichbleibenden Zins- und Tilgungssatzes in die Dauer bis zur vollständigen Tilgung überführen. Man kann daher die Tilgungsdauer als Maß für die Erschwinglichkeit einer Immobilie nutzen. 

Um eine Aussage zu treffen, wie sich die Erschwinglichkeit von Immobilien über die vergangenen 20 Jahre entwickelt hat, betrachten wir zunächst die Entwicklung der Preise von Wohnimmobilien (vdpResearch), der nominalen Einkommen (destatis) und der Hypothekenzinsen.2 Abbildung 1 zeigt den Anstieg der Immobilienpreise, der in den 2010er Jahren die Entwicklung der nominalen Einkommen überholt hat. Parallel dazu sanken seit dem Jahr 2008 bis zum Jahr 2022 die Zinssätze.

Wie erschwinglich ist Wohneigentum heute noch? -

Zusätzlich können in die Rechnung die Entwicklung der Instandhaltungs- und Energiekosten einfließen, da diese ebenfalls das monatliche Budget eines Haushalts belasten. Abbildung 2 gibt deren Entwicklung an. Insbesondere ist der drastische Kostenanstieg im Nachgang der Coronakrise und mit Beginn des Kriegs in der Ukraine zu erkennen.
 

Wie erschwinglich ist Wohneigentum heute noch? -

Auf dieser Grundlage berechnen wir auf Quartalsbasis seit dem Jahr 2003 die Tilgungsdauer für einen Immobilienkredit.3 Der Verlauf der Tilgungsdauer gibt Auskunft darüber, wie sich die Erschwinglichkeit für Wohnimmobilien entwickelt hat. 

Wie erschwinglich ist Wohneigentum heute noch? -

Abbildung 3 zeigt die resultierende erwartete Tilgungsdauer in Jahren. Sie unterliegt einer stetigen Bewegung. In den 2010er Jahren ging die Tilgungsdauer langsam zurück und erreichte im Jahr 2015 den Tiefpunkt bei 15 Jahren. Dies markiert den Zeitpunkt, an dem Immobilien seit 2003 am erschwinglichsten waren. 

In den Folgejahren zogen zwar die Immobilienpreise an, der Zinsverfall und die Einkommenszuwächse konnten die steigenden Preise jedoch weitestgehend kompensieren. Erst mit den angestiegenen Zinsen des Jahres 2022, die von steigenden Energie- und Sanierungskosten begleitet wurden, wurde der Kauf einer Immobilie erheblich erschwert. Die erwartete Tilgungsdauer schoss in die Höhe und erreichte 37 Jahre im Jahr 2022. In der Folgezeit fielen sowohl die Zinssätze, aber auch die Immobilienpreise gaben nach, wodurch die Tilgungsdauer auf 25 Jahre abfiel. Der jüngste Preisanstieg bei Immobilien ließ die Tilgungsdauer jedoch wieder auf knapp 28 Jahre anstiegen. 

Wer heute auf der Suche nach einer Immobilie ist, muss einen Immobilienkredit wesentlich länger tilgen, in manchen Fällen sogar fast doppelt so lang, wie noch vor 10 Jahren. So müssen viele Haushalte feststellen, dass sie sich eine Immobilie wie ihre Freunde und Bekannte, die in den 2010er Jahren fündig geworden waren, nicht leisten können. 

Ob in der Zukunft die Kreditzinsen fallen werden, und wie in den 2010ern Jahren steigende Immobilienpreise kompensieren können, ist ungewiss. Während zwar erwartet wird, dass die EZB im Herbst 2025 den Leitzins weiter absenken wird, hängt der Hypothekenzins von der Rendite langläufiger deutscher Staatsanleihen ab. Die geplante Neuverschuldung des Bundes könnte bewirken, dass die Marktzinsen ansteigen und so die Immobilienfinanzierung weiter verteuern. Auch der erneute Preisanstieg von Wohnimmobilien deutet an, dass die Erschwinglichkeit sich aktuell wieder schlechter wird. 

Dies sind leider keine guten Nachrichten für junge Familien und andere Kaufwillige, die sich wohl oder übel leider mit der Realität anfreunden müssen.

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1 Diese Grenze häufig auf 30 % bis 40 % des Nettoeinkommen angegeben. Siehe bspw. Commerzbank oder Dr. Klein.  
2 Hypothekenzinsen werden geschätzt als Restlaufzeitrendite einer 10-jährigen Bundesanleihe zuzüglich eines Aufschlags von 100 Basispunkten.
3 Mit den folgenden Eckdaten für das Jahr 2023 wurde die Berechnung aufgesetzt und anhand der entsprechenden Zeitreihen bis zum Jahr 2023 zurückgerechnet, bzw. bis zum Jahr 2025 verfolgt. Der durchschnittliche Kaufpreis für eine Wohnimmobilie (Eigentumswohnung oder Eigenheim) lag in Deutschland zuletzt bei rund 350.000 Euro. Davon wurden im Durchschnitt 86 Prozent über einen Kredit finanziert. Das monatliche Budget, das einem Käuferhaushalt für die Kreditrate zur Verfügung stand, lag bei 1.600 Euro (Europace). Hinzu kommen monatliche Energiekosten von 200 Euro (entspricht 2,00 Euro je Quadratmeter bei einer Wohnungsgröße von 100 m²) und Instandhaltungskosten von 100 Euro (entspricht bspw. 1,00 Euro je Quadratmeter bei einer Wohnungsgröße von 100 Quadratmetern, Quelle: Verband Privater Bauherren), so dass das monatliche Gesamtbudget eines Immobilienerwerbers bei 1.900 Euro liegt. Der hier vorgestellte Berechnungsansatz unterscheidet sich von der Methodik des Interhyp-IW-Erschwinglichkeitsindex. In unserem Ansatz ist die Tilgungsdauer die freie Variable, während der Erschwinglichkeitsindex auf dem Vergleich von monatlicher Belastung und Immobilienpreise gegeben sonstiger Rahmenbedingungen fußt.  

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